Ohja, mich zwickt dieses Thema gewaltig!
Das hat eigentlich zwei Gründe:
- Rolemaster ist das erste Rollenspielsystem, das ich kenne, das viel differenzierter mit den Themen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und den 5 Sinnen, die ein Mensch/Wesen zur Verfügung hat, umgeht. Irgendetwas muß da doch dahinterstecken. Andererseits wirkt es viel zu aufgeblasen.
- Alles über eine Wahrnehmungsfertigkeit zu regeln war mir bisher etwas zu schwach. Die Unterscheidung aktiver und passiver Wahrnehmung in unterschiedlichen Fertigkeiten erschien mir früher schon sinnvoll, doch andere Systeme boten bisher nicht den passenden Rahmen dazu.
Deshalb habe ich mich hier eingeklinkt, weil ich dieses System der Wahrnehmung gern nutzen würde, mir aber erst jetzt so langsam einen Reim darauf machen kann. Dabei habe ich bemerkt, dass man das GRW und das Charakterhandbuch sehr genau lesen sollte, damit man dahintersteigt.
Deine Überzeugung, Belgarion, die Du erlangt hast finde ich momentan nur zum Teil schlüssig, aber für eine Spielrunde ganz praktikabel, genauso, wie die Fertigkeiten einfach wegzulassen und sich auf weniger Wahrnehmungsfertigkeiten zu beschränken ebenfalls ein funktionierendes Konzept ist.
Was mich aber bei der letzten Variante stört ist, dass für Situationswahrnehmung (Kampf) immer wieder eine Ausnahme gemacht werden muß, damit Krieger im Kampf besser agieren können und nicht im Nachteil stehen zu den anderen Charaktertypen. Das passt mir absolut nicht in den Kram. Warum soll ein Krieger mehr AP ausgeben müssen, um im Kampf an vorderster Front stehen zu können, die er doch im Grunde für seine Kampffertigkeiten braucht? Ich denke das hat einen tieferen Sinn, der sich aber aus dem Gewurschtel an Wahrnehmungsfertigkeiten und Fertigkeitsgruppen nicht sofort erschließen lässt.
Ich denke man darf dabei die Einteilung in die Fertigkeitsgruppen, sowie die Progression der Fertigkeiten, und auch den Aufwand, den ein Charakter betreiben muß, nicht ausser Acht lassen, wenn man das komplette Wahrnehmungskonzept von Rolemaster begreifen will. Ich würde es meinem bisherigen Kenntnisstand nach deshalb so anwenden:
1. Wahrnehmung - Unbewußt - limitierte Progression
Aufmerksamkeit
Hinterhalt entdecken
Diese Fertigkeiten würfelt der Spielleiter, da sie zum Einsatz kommen, wenn der Spieler nicht explizit erwähnt, dass er etwas entdecken/sehen will. Hinterhalt entdecken stellt dabei einen speziellen Sonderfall der Situation dar. Gleichzeitig ist das die allgemeine, unbewußte Wahrnehmung, die diese Fertigkeiten darstellen, ungeachtet der Sinne. Dadurch, dass diese Fertigkeitsgruppe eine limitierte Progression besitzt, werden die Fertigkeitsboni nie so schnell entwickelt werden können, wie bei den anderen beiden Fertigkeitsgruppen.
2. Wahrnehmung - Suchen - Standardprogression
Beobachtung
Beschatten
Fallen entdecken
Gift entdecken
Lügen entlarven
Spuren untersuchen
Spuren verolgen
Vestecktes entdecken
Hier handelt es sich eindeutig um den aktiven Einsatz der eigenen Fähigkeiten. Die vielen Sonderfälle scheinen das auch zusätzlich zum Ausdruck zu bringen. Mit Beobachtung dürfte aber das Meiste tatsächlich geregelt sein. Demnach wird also oft der Spieler selbst diese Würfe durchführen.
3. Wahrnehmung - Sinne - Standardprogression
Richtungssinn
Sinneswahrnehmung (Sicht, Gehör, Tastsinn, Geschmack, Geruch)
Situationswahrnehmung (vom SL festgelegte Situationen)
Zeitsinn
Hier kommen wir zum Knackpunkt der Wahrnehmungskategorie. Mir entzieht es sich momentan, ob diese Fertigkeiten (v.a. Sinneswahrnehmng und Situationswahrnehmung) ausschließlich unbewußt eingesetzte Fertigkeiten sind, oder ob sie auch aktiv vom Spieler eingesetzt werden können. Es scheint wohl beides der Fall zu sein, was ich aber gerade bei Sinneswahrnehmung und Situationswahrnehmung kritisch finde, wo es doch schon die Fertigkeit Beobachten gibt.
Durch die Standardprogression können diese Fertigkeiten allerdings viel schneller entwickelt werden als die unbewußten Wahrnehmungsfertigkeiten. Das bringt einen gewissen Voteil, wenn man sich einen Sinn herauspickt und ihn schärft, oder mit Situationswahrnehmung (Kampf) einen Vorteil verschafft, einen Kampfschauplatz schneller zu überblicken. Schneller deshalb, weil diese Fertigkeiten unbewußt eingesetzt werden können, und somit im Kampf keine wertvolle Aktivität verloren geht. Das macht für kämpferische Charaktere dann einen entscheidenden Sinn und es lohnt sich, das System so in die eigene Kampagne zu übernehmen.
Féamorn wrote:
Nach meinem aktuellen Verständnis sind die Situationswahrnehmungen quasi "Spezialisierungen" der allgemeinen Aufmerksamkeit, man hat seine gesamte Wahrnehmung auf einige Aspekte getrimmt die dann einfach IMMER ins Auge fallen. Insofern finde ich auch die in den Regeln vorgeschlagene Situationswahrnehmung: Schlaf sinnvoll und denke, dass die auch ein gutes Beispiel ist. Ich würde vielleicht jedem Char, sofern er nicht unter Drogen o.Ä. (Meditation) steht, einen Aufmerksamkeits-Wurf zugestehen, nur ist der Bonus da ja eher mager. Hat jedoch jemand Situationswahrnehmung: Schlaf, hat er sich gewissermaßen einen "leichten Schlaf" antrainiert, nur passiert das halt immer, egal ob er will oder nicht...
Das sind ebenfalls weitere Aspekte, die den Fertigkeiten Situationswahrnehmung einen Sinn geben.
So weit so gut...
Sinneswahrnehmung:
Was aber geschieht mit Sinneswahrnehmung, einer Fertigkeit, die zum einen Boni auf Wahrnehmung bringen soll, und zum anderen ebenfalls dafür zuständig sein soll, Details aus der Umgebung besser wahrzunehmen?
Im GRW steht nur die Beschreibung, im Charakterhandbuch stehen da noch Beispiele, wie diese Fertigkeit Boni und Mali von +-10 auf die Wahrnehmung liefert, je nach Größe des Gegenstandes/Details und der Entfernung von diesem. Das bedeutet doch, wenn ein Waldläufer (er besitzt die Fertigkeiten Beobachten und Sinneswahrnehmung (Sicht)) in den Bäumen nach einem Eichhörnchen Ausschau hält, dass er Beobachten einsetzt und dafür dann noch +10 bekommt, wenn die Größe und die Entfernung stimmen. Wenn man zu weit vom Eichhörnchen entfernt ist, um es überhaupt noch sehen zu können, bekommt man -10 auf Beobachten. Das Gleiche würde dann auch für Aufmerksamkeit gelten. Ist das richtig so? (Man findet es im Charakterhandbuch Seite 305f, 13.179 Sinneswahrnehmung)
Richtig ist auf jeden Fall, dass diese Fertigkeiten schneller entwickelt werden können als die allgemeinen Wahrnehmungsfertigkeiten. Man könnte sich also dadurch einen Voteil verschaffen und sich auf einzelne Sinne spezialisieren.
Liegt darin schon der ganze Vorteil, den man daraus ziehen kann?
Oder ersetzt Sinneswahrnemung gegebenenfalls die allgemeinen Wahrnehmungsfertigkeiten, wenn ein bestimmter Sinn gefragt wird?
Ich würde es so wohl umsetzen, bin mir aber noch nicht sicher, obwohl ich mich jetzt schon richtig eingehend mit der Materie beschäftigt habe...